Die Tradition der Nachtwallfahrt zur Gottesmutter in der Wiedenbrücker Franziskuskirche, an die der Bezirksverband Wiedenbrück aus Anlass seines 100-jährigen Bestehens erinnert, geht zurück auf dramatische Ereignisse kurz nach der NS-Machtergreifung im Jahr 1933:
Nach Ausschreitungen durch die SA während des ersten deutschen Gesellentages in München Anfang Juli 1933 gelobten Kolpingmitglieder aus dem Bezirksverband Wiedenbrück im Falle einer glücklichen Heimkehr zum Dank eine jährliche Wallfahrt nach Wiedenbrück.
Diese Nachtwallfahrt ist seit Ende des Zweiten Weltkrieges ein fester Bestandteil im Programm des Bezirksverbandes. Sie findet an jedem ersten Samstag im Mai statt.
Der Gesellentag 1933
Der erste deutsche Kolping-Gesellentag vom 8.-11. Juni 1933 stand unter keinem guten Stern: Nachdem kurz vor dem Beginn ein Verbot durch die Bayrische Politische Polizei erfolgt war, erwirkten Kolping-Generalpräses Hürth und Generalsekretär Nattermann durch viele Zugeständnisse – so durften Banner nur eingerollt getragen werden – eine Zulassung.
Münchens Polizeichef Heinrich Himmler und sein Stellvertreter Reinhard Heydrich inszenierten die Veranstaltung als Machtprobe: So viel die Kolpingkluft plötzlich unter ein willkürlich verhängtes Uniformverbot. Unter den Augen der Polizei wurden Kolping-Mitglieder von SA-Männern bespuckt und verprügelt. Abzeichen wurden abgerissen, Banner geraubt und zerstört. Schließlich musste der Kolpingtag abgebrochen werden.
Die Stele an der Wiedenbrücker Marienkirche
Text auf der Stele:
Erinnerung
an ein Gelübde
treuer Kolpinggesellen
aus dem Bezirksverband
Wiedenbrück
nach Angriffen
von Nazis
beim 1. Deutschen
Gesellentag in München
im Juni 1933
gegen
mutige Kolpinggesellen
versprachen diese
aus Dank für
glückliche Heimkehr
eine jährliche
Nachtwallfahrt
zur Gottesmutter
nach Wiedenbrück
Diese Tradition
besteht bis heute
Der Herzebrocker Bildhauer Hans-Bernhard Vielstädte hat die Stele aus Wrexener Sandstein geschaffen.
Anlass für die Errichtung ist das 100-jährige Bestehen des Kolping-Bezirksverbandes Wiedenbrück im Jahr 2012.
In kurzen und eindringlichen Worten wird auf ihrer Vorderseite der Anlass für das Gelübte zur Nachtwallfahrt dargestellt.
Auf der Rückseite finden sich die Namen aller Kolpingsfamilien im Bezirksverband Wiedenbrück.